Das Training auf dem Ruderergometer ist im Winter eine optimale Ergänzung oder sogar ein Ersatz zum Training auf dem Bike. Im Gegensatz zum Rollentraining, werden beim Rudern bis zu 85 Prozent der gesamten Muskulatur beansprucht. Das Training auf dem Ruderergometer ist effektiv und gelenkschonend. Die Muskeln, die ihr zum Biken benötigt, werden beim Rudern am stärksten belastet: Die Beine. Doch wie bei allem, gilt es einige Hürden zu meistern, um vernünftig und ohne Verletzungsrisiko auf so einem Rudergerät zu trainieren.
Wer keine Lust auf endlose Regenfahrten in der Dunkelheit hat, kommt schnell zu dem Schluss: Mountainbike im Winter macht keinen Spaß. Die Finger frieren, an den Füßen und im Gesicht fühlt sich die Kälte wie eine Foltermethode des KGBs an. Das Bike ist unter der Zentimeter dicken Schlammschicht nur noch zu erahnen. 100 km im Regen und Schlamm entsprechen im Verschleiß ungefähr 1000 Kilometer bei schönstem Bikewetter. Das Reinigen und Pflegen dauert oft länger als die Ausfahrt. Die einen neigen dazu, sich auf die Couch zu legen und sich ihrem Schicksal zu ergeben und die anderen nutzen alternative Sportarten, um für die kommende Saison fit zu sein. So wie wir. Dieses Jahr haben wir uns für ein Ruderergometer entschieden. Wie mittlerweile üblich, ist der Markt an Rudergeräteanbietern riesig.
Ruderergometer gibt es in vielen Ausführungen und Preisklassen
Es gibt billige hydraulische Geräte oder Rudergeräte mit Magnetbremse (hier konnten wir leider keins probieren). Üblich und weit verbreitet sind die Ruderergometer mit Luftwiderstand. In jeder Crossfit-Box oder in jedem Fitnessstudio ist eines zu finden. Zumeist werden hier Rudergeräte von Concept2 genutzt. Das ist der Quasi-Standard der Indoor-Ruderer. Auch in vielen Rudervereinen werden die Concept2-Geräte genutzt. Gut verarbeitet mit perfekter Funktion. Punkt. Das ist das Maß, an dem sich die anderen Hersteller messen müssen. Beim Design hat Concept2 sich zu 100 % auf „Form follows Function“ konzentriert. Das Ergebnis ist ein typisches Rudergerät aus Frankensteins Folterkeller. Plastik und Metall, soweit das Auge reicht. Nichts für das Wohnzimmer.
Anders sieht es bei den Wasserwiderstands-Ruderergometern (Megawort)aus.
Im allgemeinen werden diese „Waterrower“ genannt. Wobei das eigentlich den Hersteller bezeichnet. Für die Fluidrower gibt es ebenfalls eine Vielzahl an Herstellern. Platzhirsch ist hier die Firma Waterrower selber. Bei unseren Recherchen sind wir jedoch auf die Rudergeräte mit Wasserwiderstand von „First Degree Fitness“ gestoßen. Auffälligstes Alleinstellungsmerkmal (neudeutsch: USP) ist der aus einem Brett gebogene obere Rahmen. Wir waren sofort vom Design geflasht. Das Holz, kombiniert mit dem dunkel getöntem Wassertank, hat uns auf Anhieb gefallen. Auch das einfache Verstauen nach dem Workout ist ein Kinderspiel. Einfach hinten anheben und hochkant in die Ecke stellen. Mit den montierten Rollen (Inline-Rollen) lässt sich das Rudergerät in jede Ecke bugsieren. Doch wie rudert es sich auf dem Fluidrower im Vergleich zu den anderen?
Probiert verschiedene Ruderergometer aus
Wer soviel Geld für ein Sportgerät ausgibt, sollte einen festen Willen und eine hohe Motivation besitzen. Sich über Wochen, Monate oder Jahre wenigstens jeden zweiten Tag auf diese moderne Folterbank zu setzen, erfordert ein gewisses Maß an Selbstverachtung. Damit sind wir zum Glück gesegnet. Erfreulicherweise gibt es einen großen Sport-Geräte-Händler um die Ecke. Dort konnten wir ausgiebig die unterschiedlichsten Rudergeräte ausprobieren. Schlussendlich ist dann der Fluidrower Viking V unser Freund geworden. Im Gegensatz zu anderen Ruderergometern kann der Wasserstand über ein Wahlrad reguliert werden. Bei den anderen Geräten ist das nur sehr begrenzt über die Füllmenge möglich. Auch das Rudergefühl hat uns auf dem Viking überzeugt. Über den „Zug“ bleibt der Widerstand gleich. Man hat nicht das Gefühl, nach jedem Ruderschlag am Anfang ins Leere zu rudern. Das war bei anderen Geräten mit Wasserwiderstand deutlich spürbar. Wie schon erwähnt, ist das Design und die Verarbeitung über jeden Zweifel erhaben.
Ein Rudergerät für Zuhause kaufen
Wir raten, wie immer, sich eine private Trainerstunde zu nehmen. Das Rudern ist ein komplexer Ablauf, der ein gutes Körpergefühl, die richtige Technik und einiges an Kraft erfordert. Gerade im Bereich Oberkörper haben die meisten Biker ja deutliche Defizite. Lasst euch die Technik vernünftig erklären, schaut euch auch mal bei YouTube um. Wir haben dort den Ruderathleten entdeckt. Er erklärt das Training auf dem Ruderergometer von Anfang bis Ende. Wer sich das Rudergerät für zu Hause anschaffen möchte und noch nie auf einem trainiert hat, der sollte vielleicht erstmal im Fitnessstudio probieren, ob es ihm Spaß macht. Für den Kauf raten wir ausdrücklich dazu, die Geräte ausgiebig zu testen. Auf jedem Gerät 5-10 Minuten locker rudern ist das Minimum. Es macht auch keinen Sinn, mehr als zwei oder drei Rudergeräte zu probieren. Dann geht lieber noch einmal zum Händler eures Vertrauens.
Richtig rudern auf dem Rudergerät
Mittlerweile besitzt jeder ein Smartphone. Nutzt es. Nehmt euch beim Rudertraining mit der Kamera auf. So analysiert ihr euren Bewegungsablauf. Ihr könnt Haltungs- und Technikfehler direkt am Anfang ausmerzen. Wenn falsche Bewegungsabläufe Gewohnheit geworden sind, ist es sehr schwer, sich diese wieder abzugewöhnen. Im Prinzip werden beim Rudern die Beine in gleicher Weise beansprucht wie beim Biken. Die Beine werden angewinkelt und ausgestreckt (ja, sehr vereinfacht). Der Bewegungsablauf ist zumindest so ähnlich, dass ihr aus dem Rudertraining einen direkten Nutzen für die nächste Bikerunde ziehen könnt. Insbesondere Intervalle lassen sich optimal auf dem Rudergerät trainieren. Rudert euch 10 Minuten locker ein und geht dann in die vollen. 10 x 1 Minute Vollgas mit je einer Minute Pause. Anschließend noch 10 Minuten Ausrudern. Falls ihr überlebt, sind wir auf eure Erfahrungen gespannt.
Rudergerät mit Onlineanbindung: Fehlanzeige
Peloton macht es bei den Spinning-Bikes vor. Online ist der neue, heiße Scheiß. Leider nicht für Indoor-Ruderer. Einzig die Concept2-Modelle werden von der Crowd gut unterstützt. Hier gibt es einige Apps und Plattformen, auf denen Wettkämpfe und Leistungsvergleiche online stattfinden können.
Es gibt für den Waterrower auch noch eine optionale Umlenkrolle. Smartrow. Diese erfasst weitere Messwerte und Daten, die sonst das Rudergerät nicht liefert. Unser Fluidrower Viking verbindet sich zwar via Bluetooth mit dem Handy und hat auch unter IOS eine App. Diese spiegelt aber nur das Gerätedisplay wider und erlaubt maximal den Wettkampf mit einer bereits absolvierten Trainingseinheit. Online? Nö! Komplette Fehlanzeige. Selbst die mit der Fluidrower-App aufgezeichneten Daten landen nicht in der Health-App des IPhones.
Nutzt ihr die normale Trainings-App von Apple, habt ihr zwar eure Herzfrequenzdaten, jedoch weder Entfernung, Watt oder Schlagzahl werden aufgezeichnet. Hier haben alle Hersteller noch deutlich Potenzial nach oben. Die Fluidrower-App macht jedenfalls einen lustlosen Eindruck. Wirklich null Sterne! Heidi würde sagen: „Leider habe ich für dich heute kein Foto“. Die Nutzung mit Apps wie „Zwift“ oder „Kinomap“ hätten die Langzeitmotivation gesteigert und den „Ruderspaß“ vergrößert.
Ruderergometer mit Bildschirm
Zum Fluidrower gibt es eine Smartphone Halterung. Allerdings kann die Positionierung nicht recht überzeugen. Der Halter wird auf das Display vom Rower geschraubt. Mit einem 5- 6“ Smartphone wird Videos konsumieren beim Training eher schwierig. Wir haben uns für einen günstigen Schwanenhals entschieden und nutzen das iPad als Bildschirm. Für Filme und Musik in Kombination mit den AirPods optimal. Mehr braucht es nicht, um ein kurzweiliges Ausdauertraining zu absolvieren. Wer auf musikalische Untermalung verzichten möchte, kann sich ganz dem Plätschern des Wassers im Tank hingeben. Das entspannt ungemein und ist wesentlich leiser als ein Luftwiderstands-Ruderergometer. Das sonore heulen der Windräder kann sich schnell zum Streitpunkt mit den Nachbarn ausweiten. Das Rudergeräusch ist bei uns eine Etage tiefer nicht wahrnehmbar. Lauter sind da die Weinkrämpfe, die uns bei anstrengenden Training, durchschütteln.
Fazit: Ruderergometer sind eine sinnvolle Ergänzung für ein ganzheitliches Training. Wer mehr als 80 Prozent Muskeln in einem Rutsch und wetterunabhängig trainieren möchte, braucht nicht weiter überlegen, das geht nur mit einem Ruderergometer. Wenn das Design und die Optik keine Rolle spielen, greift zur bewährten Technik von Concept2. Wer ein stylisches Rudergerät mit optischen Mehrwert sein eigen nennen möchte, der muss sich zwangsläufig bei den Herstellern der verschiedenen Wasserwiderstands-Rudergeräten umschauen. Uns hat der First Degree Fitness Viking V am besten gefallen.
Optik und Trainingsgefühl bilden hier eine stimmige Einheit. Die Verarbeitung ist auf hohem Niveau, jedoch nicht frei von Verbesserungsmöglichkeiten. Zum Beispiel wird in der oberen Umlenkrolle kein Lager verwendet. Das hat bei uns nach kurzer Zeit zu Quietschgeräuschen geführt. Ein wenig harzfreies Bike-Montage-Fett hat das Problem gelöst. Die Metallwinkel des Stemmbrettes lugen vorwitzig unter den Seitenteilen hervor. Hier würden wir die Seitenteile einkürzen oder die Bohrungen versetzen. Zugegeben, dass ist meckern auf hohem Niveau. Bei einem Straßenpreis von runden 1.500 Euro kann man aber auch einiges erwarten.